Ultraløbet Gendarmstien 11.06.2016

 

Der Lauf in Zahlen:

58 km Streckenlänge
640 Höhenmeter
nur 8 km auf Asphalt, der Rest verteilt sich auf Schotter-, Waldwege, schmale Trampelpfade und über den Strand
267 angemeldete Teilnehmer
197 davon haben das Ziel erreicht

Was kann geschehen, wenn zwei Läufer heiraten und die Trauzeugen ebenfalls Ultramarathonis sind? Die Lösung des Rätsels ist einfach - es kann passieren, das Startplätze für einen ganz besonderen Lauf verschenkt werden. In unserem Fall waren es Startplätze für den Ultraløbet Gendarmstien. Welch große Freude!

Wurde der Gendarmsti in alten Zeiten noch als Beobachtungsweg für die Flensburger Förde genutzt, so ist er heute einer der sehr gut ausgeschilderten Wanderwege in Dänemark. 58 Kilometer davon wurden als Laufstrecke genutzt. Aber nicht nur die Länge machte den Lauf besonders. Unterwegs gab es nur zwei Verpflegungsstellen und daher war eine Pflichtausrüstung vorgeschrieben: Gegen das manchmal launische Wetter musste eine Windjacke mitgeführt werden, ein aufgeladenes Handy, um gegebenenfalls mitten im Gelände einen Notruf absenden zu können, ein Becher von mindestens 150 ml Fassungsvermögen, damit die Umwelt nicht mit Plastikmüll verseucht wird und eine ID-Karte, um verunglückte Läufer identifizieren zu können. Zudem wurde empfohlen, eine mindestens 1,5 Liter fassende Trinkblase mit sich zu führen.

Der Start des Ultralaufes befand sich in Kruså, das Ziel in Sønderborg. Wir durften den Luxus nutzen, unser Auto in Sønderborg am Ziel abzustellen und mit dem sehr bequemen Shuttlebus nach Sønderborg gefahren zu werden. Wer es nicht geschafft hatte, seine Startnummer bereits am Vortag abzuholen, hatte in Kruså die Gelegenheit dazu.

Waren eigentlich nur 19°C und bedeckter Himmel angesagt, bemühte sich die Sonne, allen Läufern schon während der Wartezeit bis zum Start so richtig einzuheizen. Hatte ich jemals erwähnt, dass ich die Entwicklung von Sonnencreme mit dem Schutzfaktor 50 wunderbar finde?

Kurz vor dem Start gab es eine kurze Information zum Verlauf des Wettkampfes, in diesem Jahr wegen der viele nichtdänischen Teilnehmer in englischer Sprache und schon machte sich das Läuferfeld auf den Weg.

Heiner und ich hatten verabredet, dass jeder von uns in seiner eigenen Wohlfühlgeschwindigkeit läuft und schon bald war er aus meinem Sichtfeld nach vorn entschwunden.

Die Strecke begann hügelig in einem Waldgebiet, der teils matschige Boden wurde bald wieder fest. Mir hat es dort sehr gut gefallen - unter mir der Waldboden, auf dem ich so gern laufe und um mich herum grüner, duftender Wald mit Blick auf die Ostsee. Von mir aus hätte es immer so weitergehen können.
Nach etlichem Auf und Ab und einigen Holztreppen, führte die Strecke aus dem schattigen Wald in die Sonne hinaus. Auf den nächsten Kilometern bot der Laufuntergrund eine bunte Mischung aus befestigten Wegen, Schotter, schmalen, einspurigen Pfaden am Feldrand und ganz wenig Asphalt. Die Strecke war sehr gut durch die offizielle Wandermarkierung, durch Mehlpfeile und rot-weißes Absperrband gekennzeichnet. Manchmal musste ich dennoch Ausschau nach dem richtigen Weg halten, bevor es weitergehen konnte.
Vorbei an den Ochseninseln ging es in Richtung Broagerland.

Besondere Läufe erfordern eine besondere Taktik und da wir beide es für unklug hielten, langsam von Null bis zu 58 Kilometern hochzuzählen, teilten wir uns die Strecke in 20, 20 und 18 km ein. 20 Kilometer zu laufen klingt nicht sonderlich schwer oder bedrohlich lang. Zudem lockte nach jeweils 20 Kilometern einer der Verpflegungspunkte. Waren zweimal 20 Kilometer bewältigt, lagen nur noch 18 km vor uns, was im Vergleich zur zurückgelegten Strecke fast lächerlich wenig erschien.

Im Vorfeld hatten wir uns natürlich auch Gedanken zur besten Eigenverpflegung gemacht. So hatten wir unsere Trinkblasen mit 1,5 Litern Iso-Getränk befüllt, wenige Salztabletten und auch Traubenzucker zusätzlich zur Pflichtausrüstung in den Laufrucksäcken verstaut.
Bevorzugt Heiner trinkbare Elektrolytgels, so bin ich ein Freund von knusprigen Müsliriegeln. Sogar ein paar Gummibärchen zur Seelenrettung hatte ich dabei. Von meinem Proviant habe ich außerhalb der Verpflegungspunkte außer zwei Salztabletten, zwei Stückchen Traubenzucker und das Brötchen vom Vortag, dass ich bis Kilometer 25 in der Hand hielt, allerdings nichts verspeist. Meine Riegel habe ich unversehrt über die gesamte Strecke durch die Sonne ins Ziel getragen...

An den Verpflegungsstellen nahm ich mir eine halbe Banane, trank Cola und nach kurzem Aufenthalt ging es weiter. War ich zwischen Kilometer 23 und 28 ziemlich geschafft, hatte ich das Gefühl, nach dem 40. Kilometer ins Ziel fliegen zu können. Juchuuu, nur noch 18 läppische Kilometer lagen vor mir!
Der Flug wurde abrupt gebremst, denn jetzt folgten kilometerlange Strandabschnitte mit großen, losen Ostseesteinen. Mögen andere geübte Läufer dort laufen, habe ich mich für eine Wanderung über die unwegsame Strecke entschieden. Als Lohn konnte ich länger die Aussicht auf den strahlend blauen Himmel und das plätschernde Geräusch der Ostseewellen genießen.

Mein Ziel war es nicht, eine besonders gute Platzierung zu erreichen, was beim schnellen dänischen Läuferfeld für mich ohnehin unmöglich war, sondern ich wollte gesund ankommen. Das erlaubte mir auch hier und da einen kleinen Klönschnack mit Dänen, die dem Spektakel zusahen.

Je mehr Strecke ich zurückgelegt hatte, um so müder und laufunwilliger wurden meine Beine. Himmel, wie habe ich mir den schattigen Wald zurückgewünscht. Besonders, weil ich wusste, dass am Ende noch besonders heftige Steigungen auf mich warteten. Das Wasser, welches im Verpflegungspunkt in meine Trinkblase gefüllt wurde, vermochte meinen Durst kaum noch zu stillen.

So kam ich gut eine Stunde nach Heiner hungrig, durstig, mit müden Beinen und einer unsäglichen Freude, es geschafft zu haben, im Ziel an. Dort wurde jeder Läufer mit Applaus und Glockengeläut empfangen. Bevor wir unsere „Trophäe“ in Form eines Armbandes bekamen, wurde die Pflichtausrüstung auf Vollständigkeit kontrolliert.

Unser Fazit: Dieser Lauf war sehr warm, sehr anstrengend und hat sehr, sehr viel Freude gemacht. Dänemarks Landschaft entlang des Gendarmenweges ist unvergleichlich schön. Der Lauf war gut organisiert, wenn es auch für uns ungewohnt wenige Trinkstationen gab.

Unsere Trailschuhe Pure Grit 3 haben sich bestens bewährt, sie sind nicht im Obermaterial eingerissen, wie wir es schon häufiger bei der 4er Serie gesehen haben. Und allen Damen, die schon immer auf der Suche nach einem auf die weibliche Anatomie zugeschnittenen Laufrucksack mit nicht hautaufreibenen Trägern sind, kann ich meinen Nathan Intensity wärmstens ans Herz legen.

Wer diesen schönen Lauf selbst erleben möchte, rufe folgende Webseite auf: http://www.ultracup.dk/

(Bericht: Gina Asmussen)

Am Tag nach dem Lauf war das Wetter bei weitem nicht mehr so schön, aber spazieren zu gehen ist weitaus weniger anstrengend, als zu laufen.

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